Portale am Dom zu Halberstadt


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Dom zu Halberstadt
Bereits in karolingischer Zeit (814) stand auf dem Domberg in Halberstadt eine dem heiligen Stephanus geweihte Kirche. Diese Kirche war bald zu klein, die Nachfolgebauten wurden stets größer. So fand 992 die feierliche Weihe des romanischen ottonischen Domes statt. Auch der genügte nicht lange, unter dem Eindruck des Neubaus des Magdeburger Domes (ab 1209) begann man auch in Halberstadt ab 1239 an der Westfassade eines neuen, gotischen Domes zu bauen. Der Domneubau zog sich etwa 250 Jahre hin, doch entstanden ist ein Kunstwerk von allerhöchstem Rang. Pindar schreibt: "(Es ist) das reinste deutsche Beispiel einer durch und durch verstandenen Gotik". (1)

Westportal und -fassade am Dom zu Halberstadt


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untere Westfassade
Es waren Mönche aus Walkenried, die erst am Magdeburger Domchor mitwirkten und danach auch die Westfassade in Halberstadt mitgestalteten. Horst Scholke führt zum Westbau folgendes aus: "Freistehend vor das ottonische Westwerk kam die frühgotische Westfassade zu stehen. Erst mit Baubeginn des Langhauses musste das Westwerk weichen. Zwei Bauabschnitte prägen die äußere Fassade: der Unterbau, der bis zum kräftigen Gesims reicht, und der aus einem Turmpaar bestehende Oberbau. (...) Zur Zeit des Übergangsstiles geprägt, hat der Unterbau nichts von der Geschlossenheit der romanischen sächsischen Doppelturmfassaden verloren, obwohl er vom mächtigen Hauptportal und der großen Fensterrose beherrscht wird.

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Westportal
Das Hauptportal flankieren zwei große Wandblenden, in deren untere Hälfte jeweils fünf kleine Säulen Kleeblattbögen tragen. Der Scheitelpunkt der Kleeblattbögen liegt in Höhe der Wirtel der gebündelten Portalsäulen. Knospenkapitelle, Wirtel und spannungsgeladene, noch fast senkrecht auf den Säulen ruhende Spitzbögen, sind typische Details des Übergangsstiles, der kurzen, zwischen Romanik und Gotik liegenden Periode. In den Archivolten sitzen kleine Figuren und Köpfe, das Jüngste Gericht darstellend." (2)

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Ursprünglich war vor der Westfassade noch eine dreischiffige Vorhalle geplant (und ausgeführt), doch wurde sie schon früh wieder aufgegeben.

Zweitürmige Westfassaden sind in der Landschaft ein Merkmal bedeutender Stifts- oder Klosterkirchen. Der Gesamteindruck der Fassade wirkt (trotz der fehlenden Vorhalle) außerordentlich monumental.
Die Obergeschosse der Türme wurden zwischen 1861 und 1896 erneuert, dabei sind die oberen Fenster frei gestaltet worden.
Betrachten wir noch einige Details näher und lesen dazu, was außerdem im Dehio (3) über die Fassade (sinngemäß) gesagt wird:
Der breitgelagerte untere Baukörper wird von Lisenen und Ecksäulchen mit Schaftringen eingefasst und von einem stark plastischen Rundbogenfries, der über der großen mittleren Rose nach oben treppt, abgeschlossen.
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Der Raum zwischen den Türmen wird von einem großen spitzbogigen, fünfstufigen Säulenportal eingenommen, seine Pfostenecken werden durch Wülste aufgelöst, die schlanken Portalsäulen werden mittig durch die charakteristischen Schaftringe verklammert. An den Säulen finden wir knospen- und palmettengeschmückte Kelchblockkapitelle, Diamantquader- und Nagelkopfrosettenzier. Das Portal ist zweiteilig mit Mittelpfosten ausgeführt, beide Öffnungen werden von runden Zackenbögen geschlossen. Das Bogenfeld wird mit steigenden Dreipassblenden auf schlanken Säulchen gefüllt. (Ähnlich  sind die Oberlichter des Portals gegliedert, diese sind allerdings eine Zutat des 19. Jahrhunderts.) Zu beiden Seiten des Hauptportals befinden sich Spitzbogenblenden. Der untere Wandteil (der ehemaligen Vorhallenseitenschiffe) wird durch Dreipassblenden auf kleinen Säulchen aufgelockert. Der plastische Schmuck ist zisterziensisch sehr zurückhaltend und auf wenige Figuren beschränkt.
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Große Figurenportale (Freiberg, Goldene Pforte!) waren Anfang des 13. Jahrhunderts in Deutschland noch die Ausnahme. (4)

Details zum Weltgericht
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Insgesamt handelt es sich bei den Figuren um eine stark verkürzte Darstellung des Jüngsten Gerichts: Oben im Scheitel des Bogenfeldes ist der Weltenrichter Christus zu erkennen, er wird begleitet von den vier Evangelistensymbolen und zwei Engeln. Dazu kommen eine Vielzahl kleiner Köpfe von Männern und Frauen verschiedenen Standes, die zwischen den Archivolten und den Gewändesäulen hervorlugen. Wird über sie Gericht gehalten? Müssen sie das Urteil fürchen? Denn an zentraler Stelle, im Zwickel über der Mittelsäule, fällt sofort der schreitende Löwe mit seiner Beute im Maul ins Auge. Er steht für das Böse (4): "Der Teufel geht umher wie ein brüllender Löwe und sucht, welchen er verschlinge" (1. Petr. 5,8)

Fensterrose und Details am Hauptportal
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Das Portal am Nordquerhaus: Marientod


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Nordseite des Domes
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Fassade des Nordquerhauses
Das große Portal an der nördlichen Querhausfassade ist der zweitwichtigste Zugang in den Dom. Von der gegenüberliegenden Domdechanei kommend, konnten die hohen geistlichen Herren hier den Dom betreten. Querhausfassade und Portal stammen aus der letzten Bauetappe im 15. Jahrhundert, in welcher der Halberstädter Domneubau mit der Weihe 1491 vollendet wurde. Dehio schreibt zur durchgebildeten Fassade des Querhauses: Sie wird durch mächtige, diagonal gestellte Streben gerahmt. Die großartige Komposition ist an der Nordseite dreifach zurückgestuft, die  untere Zone enthält ein um 1440 entstandenes Portal. Neben dem Portal befinden sich große rundbogig geschlossene Reliefs mit den Darstellungen der Martyrien der Patrone Stephanus und Sixtus, leider sehr beschädigt. (3)

Das Portal am Nordquerhaus
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Das Portal ist reich geschmückt, im Tympanon wird der Marientod dargestellt. Bei Maria stehen die Apostel, sie sind sowohl an ihren Attributen (z. B. Jakobsmuschel, Petrusschlüssel, Andreaskreuz) identifizierbar als auch an den Namen (z. B. Johannes, Bartholomäus) im Heiligenschein. Im oberen Register hat Christus die Seele Marias (in Form eines kleinen Kindes) bereits aufgenommen.

Portal am Nordquerhaus: Archivolten und Tympanon
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Unteres Register: Darstellung des Marientodes

Die Archivolten werden bevölkert von Aposteln und Propheten (auch weibliche Figuren sind darunter), die in ihren Händen Spruchbänder tragen und von Engeln bekrönt werden. Einige der Engel halten Musikinstrumente in den Händen. Die anschließende Zone ist fensterlos (im Innenraum befindet sich hier die Orgelempore), die Wandfläche wird durch rechteckige Blenden mit Maßwerkfüllung gegliedert. In der mittleren Zone über dem Portal erhebt sich ein gewaltiges Kreuzsymbol mit den Evangelistensymbolen an den vier Enden. Doch die Kreuzgruppe scheint unvollendet, sie ist ohne Korpus, die  seitlichen Konsolen mit ihren Baldachinen bleiben leer.
  

Am Nordquerhaus: Archivolten und Kreuzgruppe
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Doch man sollte den Dom nicht nur von außen betrachten, sondern sehr viel Zeit einplanen, um sich im Innern zunächst von dem großartigen Raumeindruck überwältigen zu lassen und anschließend nicht versäumen, mit dem Halberstädter Domschatz einen der größten und bedeutendsten Kirchenschätze aus hoch- und spätmittelalterlicher Zeit kennenzulernen. Es lohnt sich!
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Gehen wir also zum Westportal hinein...

Von der Eingangshalle zwischen den Türmen führen zwei Säulenportale in die seitlichen Turmräume. Das nördliche Portal enthält im Tympanon ein Rankenmuster mit zwei Drachen, das südliche Portal eine Kreuzigungsgruppe. Turmhalle und Portale stammen aus der ersten Bauetappe (bis Mitte 13. Jahrhundert.)


Im Innern des Domes
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(1) W. Pindar, Deutsche Dome des Mittelalters, S. 14
(2) H. Scholke, Halberstadt, VEB E. A. Seemann, Buch- und Kunstverlag, 2. Auflage, Leipzig 1977, S. 24 f.
(3) G. Dehio, Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler, Neubearbeitung durch die Abt. Forschung des Inst. f. Denkmalpflege, Der Bezirk Magdeburg, Akademie-Verlag, Berlin 1974
(4) P. Findeisen, Halberstadt, Dom, Liebfrauenkirche, Domplatz; Die blauen Bücher, Langewiesche Nachfolger Hans Köster Verlagsbuchhandlung KG, Königstein im Taunus, 2009


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zum Kloster Walkenried