Barock in Magdeburg


Barocke Baukunst in Magdeburg? Eher werden Städte wie Dresden oder Würzburg mit diesem Stilbegriff verbunden. Und doch entstand auch in Magdeburg eine bemerkenswerte Barockarchitektur, deren Höhepunkt die (wiederhergestellten) Platzfronten der barocken Palais am Domplatz darstellen.

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Barocke Paläste an der Nordseite des Domplatzes in Magdeburg

Von den barocken Bürgerhäusern auf dem Breiten Weg, der alten Hauptstraße der Stadt, sind nur zwei schmale Fassaden erhalten. Umso höher sind die Bemühungen für die Bewahrung der überkommenen und die Wiedererrichtung von identitätsstiftenden Architekturteilen zu werten!

Das Katharinenportal

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Modell der Katharinenkirche
Im Mittelalter sprach man Reliquien - den Überresten von Heiligen - segensreiche Wirkung zu. So soll sich auch ein Finger der heiligen Katharina von Alexandrien unter anderem in Magdeburg befunden haben, Erzbischof Albrecht hatte diesen 1220 zusammen mit der Hirnschale des heiligen Mauritius mitgebracht. Katharina ist (neben Mauritius) auch Schutzpatronin des Magdeburger Doms.
1230 wurde mit dem Bau der Katharinenkirche auf dem Breiten Weg begonnen, die dann wahrscheinlich unter Albrechts Nachfolger Erzbischof Burchard geweiht wurde. Doch bereits 1468 wurde das Kirchenschiff wieder abgerissen und in vergrößerter Form neu errichtet. Die Zerstörung Magdeburgs 1631 im Dreißigjährigen Krieg machte auch vor der Katharinenkirche nicht halt. Doch die im Krieg zerstörten Kirchen wurden wieder aufgebaut, und aus dieser Zeit stammt auch das Portal an der westlichen Doppelturmfront der Katharinenkirche zum Breiten Weg.

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Modell der Katharinenkirche
Hans-Joachim Mrusek schreibt dazu: "Erwähnenswert ist der Bildhauer Tobias Wilhelmi (1663-1691 in Magdeburg), der maßgeblich das Innere sämtlicher Pfarrkirchen ausgestaltete. (...) Der Künstler stand offenbar an der Spitze einer ganzen Anzahl tüchtiger Steinmetzen und hatte die Leitung des Magdeburger Kunstbetriebes inne. (...) Weiterhin schuf er das Portal, Konsolen in Gestalt von Engelsköpfen mit eingezogenen Flügeln und anderen Bildschmuck für die Katharinenkirche." (1)

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Bildtafel am "Katharinenturm"
Im zweiten Weltkrieg schwer beschädigt, wurde nach dem Krieg die ausgebrannte Ruine des Kirchenschiffs gesprengt und beseitigt, aber die Türme blieben zunächst erhalten. Sie sollten in den 1960er Jahren beim Neuaufbau des Breiten Weges, damals in Karl-Marx-Straße umbenannt, mit integriert werden. Von einer Aussichtsplattform und einem Turmcafe war die Rede. Doch 1966 werden dann händisch die Türme abgetragen. Walter Ulbricht soll ihren Abriss persönlich angeordnet haben, sie passten angeblich nicht in das Bild des neu entstehenden sozialistischen Fußgängerboulevards. An gleicher Stelle wuchs statt dessen das "Haus der Lehrer" (heute: Katharinenturm) in die Höhe. Materiell erinnerte so nach 736 Jahren nichts mehr an die Katharinenkirche.

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Katharina kommt?
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Katharina ist da!
Aber das Portal und die Figur der Katharina wurden gerettet! Es ist Hans Schuster zu verdanken, der die Teile des Portals einlagerte und seine Vision von einer Wiederaufstellung nie aufgab. Die Idee der Wiederaufstellung nahm nach 2011 zunehmend konkrete Gestalt an, ein Kuratorium wurde gegründet, Spenden wurden gesammelt. Und 50 Jahre nach dem Abriss war es dann soweit: Am 29. Oktober 2016 konnte dank des Engagements der daran Beteiligten das Katharinenportal nach umfangreicher Restaurierung und Wiederaufbau unmittelbar neben dem historischen Standort feierlich eingeweiht werden.

Wiedererrichtung des Katharinenportals
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Katharinenportal

Das wiedererrichte Rundbogenportal wird oben mit einem gesprengten Giebel abgeschlossen, darüber befindet sich die Figur der Heiligen Katharina. Die Sandsteinfigur ist eine Kopie, das geborgene Original ist in der Wallonerkirche aufgestellt. Die Heilige Katharina steht für einen standhaften Glauben. Zu ihren Füßen liegt das zerbrochene Rad, mit dem sie gerädert werden sollte. In den Händen hält sie einen Palmzweig und das Schwert, mit dem sie der Legende nach schließlich enthauptet wurde.

Allen Beteiligten und Spendern gebürt Dank!
  

Das wiedererrichtete Katharinenportal
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1) Hans-Joachim Mrusek, Magdeburg, Seemann Verlag, Leipzig, 2. Aufl. 1966
Weitere Informationen auf Wikipedia
und bei http://www.katharinenportal-magdeburg.de


Zwei barocke Portale der Deutsch-Reformierten Kirche in Magdeburg


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Die beiden Barockportale (um 1700) sind ebenfalls ein Zeugnis des Wiederaufbaus Magdeburgs, diesmal nach der Zerstörung im 30jährigen Krieg. Die beschädigte alte Paulinerkirche (Peter-Paul-Kirche) des Dominikanerordens auf dem Breiten Weg wurde in barocken Formen als Deutsch-Reformierte Kirche (übrigens auf Kosten des preußischen Königs Friedrich III.) wiederhergestellt. (Nebenbei bemerkt: in der Kirche wurde Wilhelm von Steuben getauft - das ist der mit der "Steubenparade" in New York). 1895 musste die Kirche dem gewaltigen Gebäudekomplex der neugotischen Hauptpost weichen. Die beiden Portale wurden gerettet, eines befindet sich heute am sogenannten "Roncalli"-Haus in der Max-Josef-Metzler-Straße und das andere am Gebäude des Evangelischen Konsistoriums, Am Dom 2/3.

Zwei Portale der (ehemal.) Deutsch-Reformierten Kirche
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Oben: In der Max-Josef-Metzler-Straße, unten: Am Dom


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zu den Barockfassaden am Domplatz

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