Romanische Portale in Sachsen


Vier Portale in Nossen


Klosterpark Altzella

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Klosterportal Nossen, Aussenansicht
Die Klosterkirche des Zisterzienserklosters Altzella bei Nossen gehörte sicherlich zu den größten und bedeutendsten romanischen Kirchenbauten im heutigen Bundesland Sachsen, doch nach der Säkularisierung im 16. Jahrhundert und dem Verfall der Anlage wurden die Gebäude abgebrochen. Auf dem weitläufigen Gelände dieses ehemaligen Zisterzienserklosters befindet sich heute ein romantischer Landschaftspark, in dem die malerischen Ruinenreste des Klosters (Abtshaus, Weinkeller u. a.) zum Träumen anregen.
Westlich in der Achse der ehemaligen Kirche befindet sich ein monumentales Rundbogenportal. Ursprünglich bildete es den einzigen Zugang zum Kloster, denn das gesamte etwa 15 Hektar große Klostergelände ist von einer gewaltigen Bruchsteinmauer von mehr als 1300 Meter Länge umgeben, die teilweise bis zu 5 Meter hoch und bis zu 2 Meter mächtig ist.
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Reste des Torhauses (Ansicht von
innen)
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Reste des Torhauses
Das romanische Portal mit einer lichten Weite von etwa 5 Metern stammt noch aus dem letzten Viertel des 12. Jahrhunderts. Das Gewändeportal erweitert sich mit drei Abstufungen auf etwa 10 Meter, die gesamte Toranlage ist etwa 15 Meter breit und in die Ringmauer eingebunden. Über dem Portal hatte ein Torwächter seine Wohnung. Der Weg in das Kloster führte einst über einen Graben mit Brücke, heute sind durch Aufschüttung des Geländes die Gewände jedoch über 1,60 Meter tief im Boden versunken. (Das Niveau wurde archäologisch ergraben.) Die in das Gewände eingestellten Säulen tragen einfache Würfelkapitelle, als Baumaterial fand abwechselnd Backstein und Rochlitzer Porphyr Verwendung.

Rundbogenportal und Würfelkapitelle im Kloster Altzella, Nossen
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Das Portal bildet in seiner monumentalen Schlichtheit den Gegenpol zu der in der gleichen Zeitepoche entstandenen "Goldenen Pforte" des Freiberger Domes. Möglicherweise gehen beide Portalgestaltungen auf den berühmten Abt Ludeger (Ludger, Leodegar) des Klosters zurück.

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Konversenhaus mit ...
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... Rundbogenportal
Im hervorragend restaurierten Konversenhaus wird eine sehenswerte Ausstellung zur Klostergeschichte und zur ehemals bedeutenden Bibliothek gezeigt. Das romanische Mauerwerk des Gebäudes ist im unteren Teil ursprünglich in Bruchstein begonnen worden und dann in Backstein fortgesetzt. Im 15. Jahrhundert wurde das Obergeschoss umgestaltet, aus dieser Zeit stammen auch die spätgotischen oberen Fenster.


Stadtpfarrkirche Nossen

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Beim Neubau der Nossener Stadtkirche durch den Freiberger Baumeister Andreas Lorenz (1563-65) *) wurde ein Teil des Abbruchmaterials vom Kloster wiederverwendet: So stammt das spätromanische Südportal der Stadtkirche vom einstigen Refektorium (1170-1230). Das frühgotische Westportal der Kirche schmückte ursprünglich den Zugang zum Kapitelsaal  (um 1220) .
*) Der jetzige Pfarrkirche entstand allerdings im 18. Jahrhundert.  


Westportal der Stadtkirche
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Besonders das Südportal zeigt eine schöne architektonische Gliederung: Kraftvoll stehen die Säulen mit ihren Kapitellen im gestuften Gewände. Das Tympanon zieren Schmuckbänder. Das Bogenfeld enthält im Zentrum eine Flechtbandrosette, die als ein mittelalterliches Ewigkeitssymbol anzusehen ist. Und am oberen Bogen baumelt ein bleicher Knochen ... Was es wohl mit der Riesenrippe auf sich hat?

Südportal der Stadtkirche
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Bei Riesen fällt einem doch gleich die alte Sage vom Riesenfräulein ein, das die Bauern samt Pferd und Pflug zum Spielen in ihrer Schürze barg und darob vom Riesenvater getadelt wurde.
Ludwig Bechstein erzählt:

"Das Riesenspielzeug
An einem wilden Wasserfall in der Nähe des Breuschtales im Elsaß liegen die Trümmer einer alten Riesenburg, Schloß Nideck geheißen. Von der Burg herab ging einstmals ein Fräulein bis schier gen Hasloch, das war des Burgherrn riesige Tochter, die hatte noch niemals Menschenleute gesehen, und da gewahrte sie unversehens einen Ackersmann, der mit zwei Pferden pflügte, das dünkte ihr etwas sehr Gespaßiges, das kleine Zeug; sie kauerte sich zum Boden nieder, breitete ihr Schürztuch aus und raffte mit der Hand Bauer, Pflug und Pferde hinein, schlug die Schürze um sich herum, hielt's mit der Hand recht fest und lief, was sie nur laufen konnte, und sprang eilend den Berg hinauf. Mit wenigen Schritten, die sie tat, war sie droben und trat jubelnd über ihren Fund und Fang vor ihren Vater, den Riesen, hin, der gerade beim Tische saß und sich am vollen Humpen labte. Als der die Tochter so mit freudeglühendem Gesicht eintreten sah, so fragte er: Nu min Kind, was hesch so Zwaselichs in di Furti? Krom's us, krom's us! – O min Vater! rief die Riesentochter, gar ze nettes Spieldinges ha i funden. – Und da kramte sie aus ihrem Vortuch aus, Bauer und Pferde und Pflug, und stellt's auf den Tisch hin und hatte ihre Herzensfreude daran, daß das Spielzeug lebendig war, sich bewegte und zappelte. Ja min Kind, sprach der alte Riese, do hest de ebs Schöns gemacht, dies is jo ken Spieldings nit, dies is jo einer von die Burn; trog alles widder fort und stells widder hin ans nämlich Plätzli, wo du's genommen hast! – Das hörte das Riesenfräulein gar nicht gern, daß sie ihren Fund wieder forttragen sollte, und greinte, der Riese aber ward zornig und schalt: Potz tusig! daß de mir net murrst! E Bur ist nit e Spieldings! Wenn die Burn net ackern, so müssen die Riesen verhungern! – Da mußte das Riesenfräulein seinen vermeintlichen Spielkram als wieder forttragen und stellte alles wieder auf den Acker hin.
Diese Sage wird auch von manchem andern Ort in Deutschland erzählt, und zwar auf ganz ähnliche Weise, vom Schlosse Blankenburg oder Greifenstein ohnweit Schwarzburg im Thüringerlande, auch vom Lichtenberg im Odenwalde, allwo gewaltige Riesen hausten."
Quelle: Ludwig Bechstein: Deutsches Sagenbuch. Meersburg und Leipzig 1930, S. 34-35.
Text bei zeno.org, Permalink: http://www.zeno.org/nid/20004534824


Sollte das Riesenmädchen nach Nossen gekommen sein? Aber wahrscheinlich ist die Riesenrippe gar nicht von dem Mädchen, es wird sich wohl eher um den Rest eines Wales handeln, dessen Rippe im 17. Jahrhundert als Kuriosität aus der königlichen Kunstkammer in Dresden nach Nossen kam und nun hier für Aufsehen sorgt.

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nach Görlitz: Peterskirche