Kloster Paulinzella in Thüringen


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Klosterkirche Paulinzella
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Klosterkirche Paulinzella
Etwa um 1100 gründete die sächsische Adelige Paulina ein Kloster (zwischen Rudolstadt und Saalfeld, Thüringen) in stiller Waldeinsamkeit. Paulina verstarb 1107 und wurde in der Klosterkirche beigesetzt, schon bald wandelte sich der ursprüngliche Name "Marienzelle" der Gründung zu "Paulinzella". Die romanische Klosterkirche entstand zwischen 1105 und 1160 nach dem Vorbild der Hirsauer Bauschule. Es handelte sich um eine dreischiffige Basilika mit Querhaus, Staffelchor, Vorhalle und Westtürmen.
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Paulina
Mit der Reformation wurde das Kloster 1543 aufgehoben und gelangte in den Besitz der Schwarzburger Grafen. Diese ließen auf dem Klostergelände ein Jagdschloss errichten, die Klostergebäude wurden als Steinbruch genutzt und abgebrochen. Die Kirche verfiel teilweise und wurde durch Blitzschlag beschädigt, der Chor wurde schließlich abgetragen. Anfang des 18. Jahrhunderts sollte die Kirche komplett abgerissen werden. Zum Glück verhinderte das aufkommende Interesse am Mittelalter den Abriss, statt dessen fanden einige Jahre später bereits erste Erhaltungsmaßnahmen der "romantischen Ruine" statt.

Dem eigentlichen Kirchenraum ist eine dreischiffige Vorhalle und die Doppelturmfront vorgelagert. Von der Vorkirche führt ein repräsentatives Säulenportal in das Kirchenschiff. Das Portal mag bereits 1124 mit der Weihe der Kirche fertiggestellt worden sein, es könnte somit zu den ältesten Säulenportalen in Deutschland gehören.

Westportal in der Vorkirche
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  Je vier schlanke Säulen flankieren freistehend den Eingang,
  ihre Kapitelle sind mit Fabelwesen geschmückt, die die bösen
  Mächte bannen sollen.
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Die Figuren des Tympanons (dem Bogenfeld über dem Türsturz) sind verloren gegangen, doch die erkennbaren Reste lassen eine Mariengestalt mit Christuskind vermuten. Maria war die Schutzheilige des Klosters. Als Begleitfiguren links und rechts lassen sich zwei Engel vorstellen oder die Figuren Johannes des Täufers und des Evangelisten, wie sie im Klostersiegel vorkommen. Die Bogenläufe waren bemalt, rötliche Farbreste sind heute noch erkennbar. Das Portal könnte mit seiner Bemalung durchaus Ähnlichkeiten zu den großen französischen figürlichen Gewändeportalen aufgewiesen haben, vielleicht kannten die Baumeister ja sogar solche Figurenportale oder hatten zumindest davon gehört.
In der Vorkirche finden sich noch andere Fabeltierkapitelle:

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Am südlichen Querhaus hat sich ein weiteres Portal (es ist eigentlich mehr eine Tür) erhalten, dass eine interessante Dekoration in Form eines gedrehen Seiles im Tympanon enthält. Möglicherweise war auch hier das Bogenfeld in den dadurch entstehenden Teilflächen bemalt.

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Das Langhaus der dreischiffigen Säulenbasilika war ursprünglich flachgedeckt. Mächtige monolithische Säulen tragen hier die Mittelschiffswand. Die Säulen stehen auf attischen Basen und werden von Würfelkapitellen bekrönt.  Würfelkapitelle realisieren auf einfache Weise den Übergang vom Kreisrund der Säule zum Quadrat der abschließenden Platte, auf der dann die Jochbögen aufsetzen. Die Seiten der Kapitelle sind mit halbkreisförmigen Mustern verziert. Sonst kommt der Kirchenraum bis auf den schachbrettartigen Fries entlang der Mittelschiffswand ohne weiteren Schmuck aus; der Fries ist ein typisches Merkmal der Hirsauer Bauschule.

Säulen, Würfelkapitelle und Schachbrettfries
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In seiner schlichten Monumentalität strahlt der Raum bis heute - fast 900 Jahre nach seiner Errichtung - eine ruhige und vollkommene Klarheit aus, die dem eiligen Besucher aus unserer hektischen Zeit vielleicht eine leise Ahnung von dem hier einst herrschenden Geist und von der religiösen Spiritualität des damaligen Lebens vermitteln kann.

Die Kirchenruine kann ganzjährig frei besichtigt werden.

Quellen:
Faltblatt Kloster Paulinzella mit Jagdschloss, 2. Aufl. 2010, Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten
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Thalbürgel