Romanische Portale und Kapitelle in Sachsen-Anhalt: Petersberg, Landsberg, Aken, Merseburg


Die Stiftskirche auf dem Petersberg bei Halle

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Portal am Querhaus der Peterskirche
Im frühen 12. Jahrhundert wurden im Elbe-Saale-Gebiet mehrere Klöster und Stifte gegründet, darunter auch ein Augustiner-Chorherrenstift auf der heute Petersberg genannten Quarzporphyrerhebung bei Halle. Graf Dedo IV. von Wettin hatte die Absicht, hier ein Hauskloster und die Grablege der Wettiner zu errichten und natürlich auch parallel zur fortschreitenden Christianisierung die Landesherrschaft zu festigen. Um 1124 gab es die ersten Aktivitäten, wenig später wurde mit dem Bauen begonnen. 1154 folgten Arbeiten für Klausur und Kreuzgang, doch bald darauf wurden der bestehende Chor und das Querhaus wieder abgerissen und beides in wesentlich vergrößerten Formen von 1174 bis 1184 neu errichtet.

Die Peterskirche auf dem Petersberg (bei Halle)
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Ursprünglich waren flankierend zum Chor zwei Türme geplant, deren Ausführung jedoch unterblieb, so dass die Ostansicht mit dem Satteldach ungewöhnlich breit wirkt. Blendarkaden, Lisenen und Friese gliedern den Bau. Der Schmuck ist sparsam. Die Ostteile sind auch bezüglich ihrer Grundrisskonzeption bemerkenswert und zu großen Teilen original erhalten.

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An der Nord- und Südseite des Querhauses befinden sich zwei prächtige Portale. Sie zeigen umlaufende Profile, Verzierung mit Eierstabmuster und links und rechts jeweils zwei eingestellte Säulen mit Würfelkapitellen.

Im Innern der Stiftskirche St. Peter
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Nach der Reformation wurde das Chorherrenstift 1538/40 aufgehoben und nach einem Brand im Jahre 1565 begann der Zerfall der Gebäude. Auch als willkommener Steinbruch wurden die Reste genutzt. Das wachsende Interesse an der Vergangenheit führten zu zahlreichen Besuchen und Bildpublikationen, selbst Goethe faszinierten die Ruinen, so dass er sie in einer Zeichnung festhielt. Im 19. Jahrhundert erfolgte dann die Rekonstruktion und der Wiederaufbau in einer "romanischen" Form, wie ihn sich die damaligen Restauratoren vorstellten. In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts wurden Bauschäden beseitigt und wiederum Restaurierungsarbeiten durchgeführt, die die Schaffung des möglichst ursprünglichen Raumgefühls zum Ziel hatten. Im Ergebnis präsentiert sich die romanische Peterskirche heute in einem überwältigenden Raumeindruck.

Im Innern der Stiftskirche St. Peter, Details
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Grablege der Wettiner


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In der Kirche fanden die wettinischen Fürsten*) des 12. und 13. Jahrhunderts ihre letzte Ruhe. Der sächsische Kurfürst August (1526-1586, nicht verwechseln mit August dem Starken) gab ein Prunkgrabmal in Auftrag: Mit dem Kenotaph von 1567 wird an die wettinischen Vorfahren erinnert: darunter an Markgraf Konrad (gest. 1157), seine Gemahlin Lukardis, seine Schwester Mechthild sowie an sieben weitere wettinische Grafen. Die Dresdner Bildhauer Hans und Christoph Walther II. schufen das Grabmal mit den liegenden Figuren im Renaissancestil, die Jahreszahl (M.D.LXVII.) ist in der Kartusche ist zu lesen.
*) Die Stammburg Wettin hoch über der Saale befindet sich nur etwa 10 km Luftlinie entfernt

Kenotaph der mittelalterlichen wettinischen Fürsten
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Die Kirche kann frei besichtigt werden. Seit 1999 leben Mitglieder der Christusbruderschaft in dem Stiftsgelände.



Portal der Doppelkapelle Landsberg


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Die ehemalige Burg der Wettiner Grafen auf der Porphyrkuppe in Landsberg ist verschwunden, nur sehr spärliche Reste künden noch von der Anlage. Erhalten blieb aber eines der Meisterwerke der romanischen Architektur in Mitteldeutschland: die freistehende und weithin sichtbare Burgkapelle St. Crucis - eine romanische Doppelkapelle.

Lesen wir, was Dehio in seinem 1914 erschienenen Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler, Bd. 1, Mitteldeutschland, dazu schreibt:
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Nordportal der Doppelkapelle
"Landsberg. Doppelkapelle der seit 1180 genannten Burg.
Das weitaus interessanteste Denkmal des Kreises. Ende 12., Anfang 13. Jh. — Rechteck von 11,5 : 9 m, Aufbau in 2 gesonderten Geschossen, die durch eine Öffnung im Boden des oberen in Verbindung stehen. Jedes hat 3 grätig gewölbte Schiffe von gleicher Höhe. 2 Doppeljoche, in denen schwere kreuzförmige Pfeiler und schlanke elegant dekorierte Säulen kontrastieren (Kapitelle interessante Weiterbildung des Königslutterer Typus); im W ein quer durchlaufender Gang, im O 3 durch beide Geschosse durchgehende Apsiden. Die enge Treppe liegt außerhalb der SWand und ist geraden Laufs. Das zweite Obergeschoß, als Wohnraum dienend, ist spätere Zutat. — Die 2 merkwürdigen Portale in Sachsen analogielos. Das größere in der Architekturform einfach, nur Rücksprung, aber die Leibungsfläche reich ornamentiert, an den Pfosten figürliche Reliefs, im Tympanon Christus in der Mandelglorie zwischen Engeln, alles sehr verwittert. Am kleineren giebelförmiger Sturz ohne Entlastungsbogen..."

Tympanon und Portale der Doppelkapelle Landsberg
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Neben Stiftskirchen (und Burgkapellen) finden sich in Sachsen-Anhalt auch schöne Beispiele romanischer Stadt- und besonders auch Dorfkirchen von ergreifender Monumentalität.
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Nikolaikirche Aken
Viele dieser mitteldeutschen Städte entstanden etwa zwischen 1150 bis 1250. Die Stadtkirchen mit ihren eindrucksvollen Turmanlagen, häufig in der Form eines Westquerriegels aus dem die seitlichen Doppeltürme herauswachsen, bieten dabei markante Ansichten. "Nach den Westbauten sind die Portale vornehmer Schmuck der Stadtkirchen. Um die Mitte des 12. Jahrhunderts ist es noch das Stufenportal wie an der Stephanikirche zu Osterwieck ... mit Beginn des 13. Jahrhunderts übernimmt die Stadtkirche auch das Säulenportal. Von der einfachen Anlage wie in Aken steigert es sich ... zu immer reicheren Formen. Das dekorative Portal der Merseburger Neumarktkirche wurde gegen 1230 geschaffen. Der gleichen Zeit gehört auch das Westportal der Petrikirche in Seehausen an. ... Aus dem zweiten Viertel des 13. Jahrhunderts stammt das Westportal der Freyburger Marienkirche. ... (Ebenso ist) die Anlage der um 1260 entstandenen Querhausportale von St. Bonifatius in Treffurt durchaus noch romanisch. Sie zeigen die rheinisch beeinflusste Schmuckfreudigkeit der spätesten Romanik. Auf eine bestimmte Anordnung ihrer repräsentativen Portale ist die romanische Stadtkirche nicht festgelegt. Sie treten sowohl am Westbau wie an den Seitenschiffen und den Querhausfronten auf." (Walter May: Stadtkirchen in Sachsen-Anhalt, Evang. Verlagsanstalt Berlin, 1979)


Portale an der Nikolaikirche in Aken (Elbe)


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Nikolaikirche Aken
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Die Stadt Aken wurde Ende des 12. oder Anfang des 13. Jahrhunderts gegründet, das rechteckige Straßengitternetz um Markt und Marienkirche zeugt von einer planvollen Anlage. Möglicherweise ging eine bereits vorhandene ältere Siedlung mit der etwas abseits gelegenen Kirche St. Nikolai in dieser Neugründung auf. Der Magdeburger Erzbischof richtete 1270 hier ein Augustinerchorherrenstift ein, wohl auch, um die neue Stadtgründung besser kontrollieren zu können. Die Augustinerchorherren wohnten rund um die Nikolaikirche. Diese dreischiffige Pfeilerbasilika besitzt sowohl im nördlichen als auch im südlichen Seitenschiff Säulenportale aus der Anfangszeit um 1200.


Portal am nördlichen Seitenschiff, Nikolaikirche Aken
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Auf den ersten Blick scheinen die Portale in den Seitenschiffen sehr ähnlich zu sein, doch auf den zweiten Blick sieht man die Unterschiede: zum Beispiel den Löwen, der das Nordportal bewacht oder der aufwändigere Kapitell- und Kämpferschmuck des Südportals.

Portal am südlichen Seitenschiff, Nikolaikirche Aken
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Nikolaikirche Aken
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Als 1317 große Teile der Kirche durch Hochwasser der Elbe beschädigt wurden, erfolgte eine Erneuerung/Wiederaufbau in gotischen Formen: Der romanische Ostabschluss wurde durch einen geraden gotischen Chor ersetzt, die Seitenschiffe wurden verändert und in den Westbau wurde ein gotisches Portal eingefügt.

Westbau und gotisches Westportal der Nikolaikirche in Aken
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nach Bernburg-Waldau, zu St. Stephani