Romanik in Sachsen-Anhalt


In Sachsen-Anhalt verläuft mit etwa 1200 km Länge in Form einer 8 die "Straße der Romanik". In über 60 Orten kann man Burgen, Kirchen oder das, was von ihnen übrig blieb, besichtigen. Aber auch links und rechts neben der Straße der Romanik lassen sich bemerkenswerte Zeugnisse aus vergangener Zeit entdecken.    

Das "Knotensäulenportal" der Neumarktkirche in Merseburg


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   Knoten in der Säule !
Bei wichtigen Sachen macht man sich bis heute einen Knoten ins Taschentuch - wie wichtig muss eine Sache erst sein, wenn man den Knoten dauerhaft in eine steinerne Säule macht? Um darüber nachzusinnen empfiehlt sich der Besuch der Neumarktkirche in Merseburg, die, an der Straße der Romanik gelegen, zu den wichtigen Bauten der mitteldeutschen Architektur des 12. Jahrhunderts gehört und die charakteristischen Formen der Romanik der Region aufweist.
Das spätromanische Hauptportal am nördlichen Querhaus ist ein Stufenportal mit drei eingestellten Säulen auf jeder Seite, wobei die mittlere linke Säule das auffällige Knotenmotiv zeigt. Vier kleinere zu einem Bündel zusammengefasste Säulen werden mit Hilfe eines Kreuzknotens verbunden. Diese Darstellung ist - zumindest in Mitteldeutschland - einmalig (*).

Portal mit Knotensäule, Neumarktkirche Merseburg
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Lucca: Knoten in der Säule !
(*) Knotensäulen findet man z. B. in Oberitalien, u. a. hoch oben an der Fassade des Domes San Martino in Lucca. Nördlich der Alpen sind sie dagegen ausgesprochen selten: zwei von ihnen befinden sich im Chorbereich des Domes in Würzburg, in der Klosterkirche Ilbenstadt kann man im Turm eine weitere entdecken und in Augsburg trägt eine Knotensäule die Kanzel. Doch nirgends ist eine Knotensäule so unmittelbar vor einem präsent wie in Merseburg. Meistens wird dieses Motiv mit einem Abwehrzauber verbunden, vielleicht ist es aber auch nur die Freude an der ornamentalen Besonderheit...

Steigt man die Stufen des Hauptportals am Querhaus in die Kirche hinab, wird man trotz der unvollständigen Erhaltung von den ausgewogenen Proportionen im Innern der ursprünglich dreischiffigen Basilika überrascht. Denn erst 1991 bis 1995 erhielt die Kirche ihre romanische Form zurück: Zum Schutz vor dem Saalehochwasser war im Laufe der Jahrhunderte das Niveau des Neumarktes immer wieder angehoben und die Kirche im Innern aufgefüllt worden, so dass das Mauerwerk langsam im Boden versank. Durch die Wiederherstellung des ursprünglichen Fußbodenniveaus, die Öffnung der südlichen Arkadenreihe und die Rekonstruktion der Nebenapsis ist der Charakter des romanischen Raumes wieder erlebbar.

Neumarktkirche Merseburg
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Die schlichten Würfelkapitelle der mit Pfeilern wechselnden kräftigen Säulen sind erstaunlich flach und ohne weiteres Dekor. Im Westen befindet sich eine Empore, deren vorgelegte Säule wohl einen Emporenaltar trug und deren Kapitell mit einem Palmettenfries geschmückt ist.
Die modernen Kunstobjekte im Innern - Das große Kruzifix oder die Maßnahme, Thomas von Canterbury vor seinem Schöpfer, Kreuzigungsgruppe vor roter Wand (Gabriele und Klaus F. Messerschmidt) sowie die Figurengruppe Terra Ottonum (Dieter M. Weidenbach) im Westbau - korrespondieren eindrucksvoll mit dem Kirchenraum.

"Terra Ottonum"
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Bereits bei den Anfang des 19. Jahrhunderts durchgeführten Instandsetzungsarbeiten konnte nicht mehr alles gerettet werden, das nördliche Seitenschiff musste abgebrochen werden. Dabei wurden auch die Portale versetzt. Das Hauptportal mit der Knotensäule - ursprünglich am nördlichen Seitenschiff - kam an die Querhauswand und ein zweites, kleineres Portal vom Querhaus wurde an die westliche Langhausarkade neben den Turm versetzt. Dieses kleine Portal zeigt einen Eierstab am Gewände und schön ornamentierte Schäfte. Bei der linken Säule dient außerdem ein umgekehrtes Kapitell als Basis.

Neumarktkirche, Details am kleinen Portal
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Beim Vergleich der Neumarktkirche mit der »hier dargestellten Stiftskirche auf dem Petersberg kann man die stilistischen Ähnlichkeiten (Eierstab, um die Portale herumgeführte Profile, ähnliche Grundrisse) gut erkennen. Bemerkenswert ist auch der Schutzheilige der Neumarktkirche: sie war dem kurz nach seiner Ermordung 1170 heilig gesprochenen Thomas Becket, Erzbischof von Canterbury, geweiht.

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nach Ilsenburg, Kloster