Renaissanceportale in Mitteldeutschland

Sitznischen- und andere Portale in Aschersleben, Köthen, Bernburg, Wörlitz und Bitterfeld


Delitzsch - noch in Sachsen:
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In Delitzsch (Sa.), Breite Str.
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In Delitzsch
Sitznischenportale aus der Renaissancezeit findet man besonders häufig in Sachsen. Diese Portalform mit Rundbogen und den beiderseitigen Sitzsteinen ist etwa seit Ende des 15. Jahrhunderts anzutreffen. Später kamen weitere dekorative Elemente am Portal wie Muschelkalotten und Wappen, manchmal auch Gaff- oder Neidköpfe dazu. Die Bögen werden üppig mit Rankenmustern verziert, Zahnschnittfriese, Eierstäbe und Inschriften werden ebenfalls oft verwendet.
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Manchmal sind die Sitzsteine zu kleinen Schrägen verkümmert, dafür finden sich dann aufwändige Rahmungen in Form von Pilastern mit Gebälk und Dreiecksgiebel wie zum Beispiel beim 1583 erbauten "schönen Haus" des Bürgermeisters Johann Burgmann in Delitzsch.
Sitznischenportale sind natürlich nicht auf Sachsen beschränkt. Schauen wir uns also in Sachsen-Anhalt einige Beispiele an. Wir beginnen in Aschersleben, der ältesten*) Stadt Sachsen-Anhalts, und fahren dann in Richtung Osten.
*) Siedlung bereits im 6. Jh. nachgewiesen, Ersterwähnung im 8. bzw. im 9. Jh.

Renaissanceportale in Aschersleben, Sachsen-Anhalt

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Wendelstein am Rathaus
Mindestens auf drei Arten lässt sich Aschersleben zu Fuß erkunden: es gibt die Route der Parks und Gärten, die  Stadtbefestigungsroute und die Architekturroute. Zu der letzteren heißt es im Flyer der Ascherslebener Tourist-Information: "Zahlreiche Gebäude 'bebildern' mit ihren schönen Fassaden aus fast allen Architekturepochen noch heute den Lauf der Geschichte."
Der Kernbau des Rathauses stammt aus den Jahren 1517/1518, er wurde allerdings durch spätere Anbauten und Ergänzungen in seinem Aussehen stark verändert. An der südlichen Marktseite bietet der Treppenturm mit seinem Blendmaßwerk unter den Fenstern und der Stabwerkrahmung des Portals einen malerischen Anblick. Die Portalrahmung stellt bereits den Übergang von der Spätgotik zur Renaissance dar.

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Portal, "Krukmannsches Haus"
Zahlreiche Wohnhäuser Ascherslebens stammen im Kern noch aus dem 16. Jahrhundert, sie besitzen meist ein Satteldach, der First verläuft parallel zur Straße. Die Fenster sind oft paarig angeordnet und rechteckig gerahmt, vielfach gibt es große Torfahrten. (Dehio) Ein schönes Beispiel ist das am Markt gelegene Krukmannsche Haus (Markt 2) mit seinem runden Eckerker und dem großen, rundbogigen säulengerahmten Portal. Über dem Portal ist eine lateinische Inschrift angebracht, in der sinngemäß geschrieben steht, dass Hermann Krukmann das Haus nach Beendigung seiner Moskau-Reise errichtet hat. Im 30jährigen Krieg hatte Wallenstein zeitweise hier sein Quartier.

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Details am Portal Markt 2 (Krukmannsches Haus)

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In der Altstadt gibt es immer noch (d. h. jetzt wieder) herrlich alte Straßennamen: Kurze Straße, Breite Straße, Düsteres Tor, Halken (!) oder Hohe Straße. Hohe Straße 1 ist die Adresse eines weiteren bemerkenswerten Bürgerhauses aus dem frühen 16. Jahrhundert. Die Infotafel Nr. 11 der Architekturroute gibt Auskunft: Es handelt sich um einen altertümlichen dreigeschossigen Putzbau mit hohem steilen Dach. Die Portal- und Fenstereinfassungen zeigen den Übergangsstil von der Gotik zur Renaissance, insbesondere das Sitznischenportal ist zusätzlich mit einer spätgotischen Stabwerkrahmung versehen. 1908 erfolgte im Erdgeschoss der Ladeneinbau für den Büchsenmachermeister Friedrich Müller. (Dehio schreibt dazu: Untergeschoss verdorben...)

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Aschersleben, Hohe Straße 1

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Wir gehen drei Schritte weiter in der Hohen Straße und stehen vor der Hausnummer 4 mit der Infotafel Nr 12. auch dieses Gebäude aus dem 16. Jahrhundert besitzt eine große Tordurchfahrt. Das rundbogige Portal ist mit zwei konsolenförmigen Sitznischen und einem kräftigen Beschlagwerk ausgestattet. Bemerkenswert: Im Scheitel des Bogens sowie in den Gewänden befinden sich kleine Köpfchen. Was oder wen mögen sie wohl darstellen?

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Aschersleben, Hohe Straße 4

Bisher befinden sich 44 Objekte auf der Architekturroute durch die Innenstadt von Aschersleben. Aber es gibt noch weit mehr zu sehen - die mittelalterliche Stadtbefestigung zum Beispiel sollte man sich auf gar keinen Fall entgehen lassen... Ein Besuch in Ascherleben lohnt sich!


Köthen

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Rathaus Köthen
Auch das Stadtbild von Köthen wird noch durch eine Reihe von Renaissancehäusern geprägt. Das Rathaus an der Nordseite des Marktes zeigt zwar ebenfalls Renaissanceformen, es ist aber in Jahren 1898-1900 von den Berliner Architekten Reinhard und Süßenguth anstelle des Vorgängerbaues neu errichtet worden. Gut erhalten ist das Gasthaus (Brauhaus) am Holzmarkt 6. Der dreigeschossige Fachwerkbau mit seinem reich ornamentierten Rundbogenportal stammt etwa aus der Zeit um 1600. (Dehio)

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Köthen, Holzmarkt 6


Bernburg

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Ackerbürgerhaus in Bernburg
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In Bernburg grüßt vom hohem Saaleufer das ->Schloss, ein absolutes Highlight der Renaissancearchitektur. Doch es gibt anderes auch: Das Gesicht der sogenannten Talstadt ist noch von den mittelalterlichen Straßenzügen mit Wohnhäusern des 16. bis 18. Jahrhunderts bestimmt. In der Breiten Straße finden wir hier ein Ackerbürgerhaus mit einem Sitznischenportal, das neben den typischen Sitzsteinen auch über Medallions, Wappen, den Initialen P. G. und E. O. und im Bogen über ein üppiges Rankenmuster verfügt.
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Die am Haus angebrachte Tafel klärt auf, dass der Erstbau möglicherweise einer Bauperiode vor 1550 zugeordnet werden kann, worauf die Gewölbeformen des Kellers hinweisen. Das Renaissance-Traufenhaus selbst wurde 1568 errichte, diese Jahreszahl ist im Bogenscheitel eingemeißelt.
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Bernburg, Details am Sitznischenportal Breite Straße

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Portal am Rathaus
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Portal am Rathaus
In der Bergstadt dominiert natürlich das Schloss, doch auch das im Stil der Neorenaissance 1895 erbaute Rathaus lohnt die Betrachtung. Das Eingangsportal ist mit Sitznischen, Konsolen und Beschlagwerk verziert, die Dekoration entspricht dem damaligen Zeitgeschmack. Daneben befindet sich am Turm ein zweites überreich ausgestattetes Sitznischenportal mit der Jahreszahl 1621. Leider hatte die darüber angebrachte Sonnenuhr zum Zeitpunkt der Fotoaufnahme keinen Stab mehr, doch die Bernburger und ihre Gäste erfreuen sich wahrscheinlich sowieso eher an der Bernburger Blumenuhr vor dem Rathaus. "Diese Uhr wurde im Jahr 1938 anlässlich der 800 Jahrfeier der Stadt Bernburg (...) konstruiert und erbaut. (...) Jede volle und halbe Stunde löst das Uhrwerk ein Klangspiel mit der Melodie 'An der Saale hellem Strande' aus", so liest man es auf der Tafel daneben.

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Bernburg, Blumenuhr und Portal am Rathaus


Ein Sitznischenportal in Wörlitz

Ja, richtig gelesen - es gibt tatsächlich ein Sitznischenportal in den Wörlitzer Anlagen! Doch es ist gut versteckt und die meisten werden es wohl nicht bemerken. Das Portal befindet sich in den Grotten der Felseninsel "Stein". Fürst Franz schuf mit seinem Gartenreich ein Gesamtkunstwerk von europäischem Rang, das heute zum Weltkulturerbe der Menschheit gezählt wird. Woher aber mag das im "Stein" verborgene Renaissanceportal ursprünglich stammen?.

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Bitterfeld

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Wir beenden unsere kleine Reise von West nach Ost in Sachsen-Anhalt jetzt erst einmal in Bitterfeld. 1579 ließ die Stadt eine standesgemäße Unterkunft für wichtige Gäste, die sogenannte "Fürstenherberge", erbauen. Aber wie es halt so geht: Die Stadt verarmte, verkaufte 1710 das Haus, und die neuen Besitzer bauten es um und veränderten die Fassade. (Tafeltext) Immerhin blieb das alte Sitznischenportal bis heute erhalten. Im oberen Feld des Portals befinden sich das sächsische Wappen und das alte Bitterfelder Stadtwappen.
Auch ein zweites Sitznischenportal wurde gerettet und in eine Hofmauer integriert, es befindet sich direkt neben dem Museumseingang.

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zum einzigen erhaltenen Renaissanceportal in Magdeburg